Wann stelle ich meinen ersten Mitarbeiter ein?

Auch wer als Solo-Selbständiger gestartet ist, kommt wahrscheinlich irgendwann an den Punkt, an dem er die Aufträge alleine nicht mehr bewältigen kann. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt, den ersten Mitarbeiter einzustellen?

Häufig stellt sich die Situation einige Monate nach der Gründung so dar: Der Gründer hat mit viel Energie seine Pläne umgesetzt. Der Laden brummt und die Kunden stehen Schlange. Um der Nachfrage gerecht zu werden, erhöht er die Schlagzahl, arbeitet immer mehr und immer härter – und sieht trotzdem kein Licht mehr am Ende des Tunnels. Anstatt innezuhalten und vernünftige Prioritäten zu setzen, arbeitet er um so verbissener weiter. Die Folge: Fehler nehmen zu, die Unzufriedenheit auf allen Seiten wächst und bis zum Burn-out ist der Weg nicht mehr weit.

Spätestens wenn die Kunden zu nörgeln beginnen, weil sie die gewohnte Qualität der Leistungen vermissen, wenn Aufträge nicht mehr fristgerecht erfüllt werden und sich Mängel häufen, ist es Zeit, über die Einstellung des ersten Mitarbeiters nachzudenken.

Der erste Mitarbeiter: Eine Frage der Wirtschaftlichkeit

Aus meinen Beratungen weiß ich, wie schwer es Gründern fällt, den richtigen Zeitpunkt  dafür zu finden. Die meisten wollen zu lange alles alleine zu schaffen. Ihnen versuche ich zu vermitteln, dass Mitarbeiter eine wichtige Ressource der Unternehmensentwicklung sind. Ohne Mitarbeiter gibt es kein Wachstum, weil die eigenen Kapazitäten nun einmal begrenzt sind.

Auf der anderen Seite bedeuten Mitarbeiter viel Verantwortung und sie kosten natürlich Geld. Personalkosten sind Fixkosten. Sie fallen also immer an, ganz gleich, wie viel Umsatz die Firma macht. Deshalb will dieser Schritt gut vorbereitet sein.

Vereinfacht kann man sagen: Dein Mitarbeiter sollte mehr einbringen, als er kostet. Gelingt es dir, in einer Stunde mehr Geld zu erwirtschaften, als du deinem Mitarbeiter in dieser Zeit zahlen musst und du ohne ihn verdient hättest, ist es wirtschaftlich sinnvoll, ihn einzustellen.

Deine Liquiditätsplanung zeigt dir, ob diese Rechnung nicht nur heute, sondern auch in den kommenden Monaten aufgeht. Dabei helfen dir Marktbeobachtungen und vor allem deine eigenen Erfahrungen.

Stell dir die folgenden Fragen, bevor du deinen ersten Mitarbeiter einstellst:

  • Kannst du in der Zeit, in der dein Mitarbeiter dich entlastet, dein Unternehmen noch wirtschaftlicher machen (das heißt vor allem, neue Kunden gewinnen und Aufträge akquirieren)?
  • Reicht deine Liquidität aus, um die Personalkosten zu begleichen? Hast du sogar ein paar Reserven, um die Einarbeitungszeit zu überbrücken?

Bei der Berechnung der Personalkosten unterläuft vielen Gründern der Fehler, die  Lohnnebenkosten nicht oder nur zum Teil zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist für das Unternehmen nicht das Bruttogehalt, sondern das sogenannte Arbeitgeberbrutto. Es enthält zusätzlich zum Bruttogehalt alle Abgaben, die der Arbeitgeber trägt.

Das Arbeitgeberbrutto umfasst alle Kosten des Arbeitgebers; recherchiert von SmartBusinessPlan.

Das Arbeitgeberbrutto umfasst alle Kosten des Arbeitgebers; recherchiert von SmartBusinessPlan.

Was muss ich tun, wenn ich einen Mitarbeiter einstellen will?

Wenn deine Auftragslage und deine Finanzplanung dafür sprechen, den ersten Mitarbeiter einzustellen, gilt es im nächsten Schritt festzulegen, was dieser eigentlich für dich tun soll.

Am besten, du notierst dir einen Monat lang alles, was du machst, und wie lange du jeweils dafür brauchst. Dann überlegst du dir, welche dieser Tätigkeiten sich sinnvoll bündeln und delegieren lassen.

Viele Gründer folgen dem Impuls, sich mithilfe ihres ersten Mitarbeiters von der lästigen Buchhaltung oder der verhassten Kundenakquise zu befreien. Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, die Aufgaben, die einem selbst nicht liegen, abzugeben. Ich möchte aber betonen, dass gutes Delegieren voraussetzt, die zu delegierenden Aufgaben genau zu kennen. Nur so kannst du den Richtigen dafür auswählen, ihn anleiten und notfalls korrigieren. Du setzt den Rahmen – und dein Mitarbeiter füllt ihn aus. Bleib im Austausch mit ihm über die zu lösenden Aufgaben und hör zu, wenn er Verbesserungen vorschlägt.

Für den Anfang ist es besser, nicht gleich die zentralen Verantwortungsbereiche in deinem Unternehmen zu delegieren. Überlege dir, ob du zunächst jemanden nur auf Stundenbasis für bestimmte, klar umgrenzte Tätigkeiten einstellen oder mit einer studentischen Hilfskraft Entlastung schaffen kannst. Das minimiert dein wirtschaftliches Risiko und gibt dir die Chance, nach und nach in deine Führungsrolle hineinzuwachsen.

Wie finde ich den richtigen Mitarbeiter?

Du weißt jetzt, was die Person tun soll, die du einstellst, und wie viele Stunden sie für dich arbeiten soll. Jetzt kannst du dich die passende Stellenausschreibung veröffentlichen und in deinen Netzwerken kundtun, dass du auf Kandidatensuche bist.

Die Frage, wie du den perfekten Bewerber findest, bietet genug Stoff für einen eigenen Blogartikel. Nur so viel möchte ich dir mitgeben: Für die Auswahl des richtigen Kandidaten braucht es Erfahrung. Die wirst du im Laufe deines Unternehmerlebens sammeln. Für den Anfang genügt es zu wissen, dass die fachliche Qualifikation nicht das Hauptkriterium ist. Klar, sie sollte schon passen, aber besonders in jungen Unternehmen und kleinen Teams kommt es mehr auf die Bereitschaft an, zu lernen, sich einzubringen, mitzudenken und offen zu sein.

Und was ist mit der Bürokratie?

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, was die meisten Ratgeber zum Thema „Erster Mitarbeiter“ an den Anfang stellen: Die Bürokratie. Zugegeben, wer Personal beschäftigt, muss einige bürokratische Anforderungen erfüllen und gesetzliche Bestimmungen beachten. Er muss jeden einzelnen Mitarbeiter, vom Praktikanten bis zum Geschäftsführer, beim Finanzamt und bei der jeweiligen Krankenkasse anmelden und Steuern und Sozialversicherungsbeiträge fristgerecht überweisen. Das ist enorm wichtig, denn Verstöße können mit hohen Säumniszuschlägen geahndet werden.

In der Praxis ist die Bürokratie jedoch das kleinste Problem, zumal es externe Dienstleister gibt, die dir die Lohnbuchhaltung abnehmen. Das Geld dafür ist gut investiert ist, auch wenn du nur wenige Mitarbeiter beschäftigst, denn du sparst dir nervige Arbeit und unter Umständen viele Scherereien.

Fazit

Die Einstellung eines Mitarbeiters ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung: Sie muss sich rechnen. Sie ist aber zugleich mit organisatorischen und auch zwischenmenschlichen Herausforderungen verbunden. Sieh es als Lernprozess und erwarte nicht von dir, von Anfang an alles richtig zu machen. Fang lieber klein an, indem du dir zunächst die Unterstützung einer Teilzeitkraft oder eines Studenten auf Stundenbasis holst.

Wenn du bereit bist, deine neue Rolle als Arbeitgeber anzunehmen, kannst du mit deinem ersten Mitarbeiter den Grundstein für ein funktionierendes Team und ein wachsendes Unternehmen legen.

Viel Freude und Erfolg dabei wünscht

Dr. Jan Evers (evers & jung GmbH)

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Über den Autor

Autorenbild Jan EversGründungsexperte Dr. Jan Evers ist Inhaber der Beratungsgesellschaft evers & jung in Hamburg. Er hat jahrelange Erfahrung im Entwickeln von Lösungen für Ministerien, Banken und Wirtschaftsförderer. Seine Expertise fließt in die Entwicklung des Gründungstools SmartBusinessPlan ein, womit das Gründen und die Selbstständigkeit erleichtert werden.

 

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